Steigende Baukosten — damit sollten Sie rechnen

Ob Renditeliegenschaft, Einfamilienhaus oder Stockwerkeigentum — durch erhöhte Kreditzinsen und steigende Kosten für Baumaterialien oder Löhne kann ein Bauvorhaben zur finanziellen Herausforderung werden. Vor dem Hintergrund der um 8,3 % gestiegenen Baukosten im Jahr 2022 fragen sich zögernde Investoren: Wie geht es weiter mit den Baukosten? Welche Ursachen sind für den Anstieg verantwortlich? Gibt es Möglichkeiten der Absicherung gegen das Kostenrisiko?

Wir geben Ihnen Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wie setzen sich Baukosten zusammen?

Wer seine Gesamtbaukosten realistisch kalkulieren will, setzt bei den Kaufnebenkosten für das Grundstück oder eine Immobilie an: notarielle Beurkundung des Kaufvertrages, Grundbucheintragung, Maklercourtage, Handänderungssteuer und/oder Liegenschaftssteuer.

Rechnen Sie für Ihren Hausbau mit diesen Einflussgrössen auf die Kostenentwicklung:

  • Kosten für das Bauwerk:
    • Neubau mittlerer Ausbaustandard: ca. 850 CHF/m³ Bauvolumen
    • Rohbau: Massivbauweise, ca. 330 CHF/m², Holzständerbauweise ca. 300 CHF/m², Betonbauweise ca. 230 CHF/m²
    • Fassade: Aussenputz, einfache Ausführung, ca. 80 CHF/m², Verklinkerung ca. 150 CHF/m²
    • Innenausbau: je nach Ausführung ca. 40 % der Gesamtbaukosten
  • Kosten für die Aussenanlagen:
    • Garage/Unterstand: Carport ab ca. 2‘000 CHF, Garage massiv ca. 30‘000 CHF, Garage Fertigbau ab ca. 10‘000 CHF
    • Gartenanlage: z. B. für 300 m² Fläche durchschnittlich ca. 25‘000 CHF
  • Baunebenkosten:
    • Baubewilligung und Vertragsprüfung
    • Vermessung, Prüfstatikgutachten und Bodengutachten
    • Abriss-, Baumfäll- und Aufräumarbeiten
    • Erdaushub und Entsorgen von Bauschutt (z. B. Keller: 15‘000 bis 20‘000 CHF)
    • Einrichten der Baustellenzufahrten
    • Anschluss von Wasser und Strom für die Baustelle
    • Erschliessungskosten (Wasser, Strom, Telekommunikation, Gas etc.)
    • Planung, z. B. durch Architekten (Kosten ca. 10-20 % der Bausumme)
    • Baubegleitung und Baugutachter
    • Bereitstellungszins für Fremdmittel
    • Bauherrenhaftpflichtversicherung
    • Bauleistungsversicherung
    • Miete oder Leasing von Baugeräten
    • Gebühren und Kosten für Behörden

Tipp: Die Baunebenkosten machen ca. 15–20 % der ermittelten Gesamtbaukosten aus. Wer keinen Festpreis vereinbart, verliert mit Einzelpositionen schnell den Überblick. Dann werden die Baunebenkosten zu einem Risikofaktor in Ihrer Finanzierung.

Daher empfiehlt es sich beispielsweise, die Preise für die Baustelleneinrichtung pauschal zu vereinbaren. Diese Kosten hängen u. a. vom Bauvorhaben, der Lage, der Architektur des Objekts und der Beschaffenheit des Grundstücks ab.

Wie entwickeln sich die Baukosten (Update Juni 2023)?

Wie sich die Baukosten entwickeln, weist der zweimal jährlich veröffentlichte Baupreisindex des Bundesamtes für Statistik (BFS) aus. Dieser basiert auf 50‘000 erhobenen Preisen eines Jahres, die 4‘000 Unternehmen aus 42 Baubranchen an das BFS übermitteln:

  • Demnach zogen die Baukosten zwischen April 2021 und September 2021 um 2,8 % an.
  • Stärker fiel der Anstieg von Oktober 2021 bis April 2022 aus: 4,9 %.
  • Der Gesamtanstieg im Zeitraum zwischen April 2021 bis April 2022 strapazierte die Planungsbudgets der Bauherren mit 7,7 %.
  • Zwischen Oktober 2022 und April 2023 erhöhte sich der Baupreisindex um 1,0%. Damit ist das Preisniveau im Baugewerbe innert Jahresfrist um 4,3% gestiegen, was nach den Analysen des BFS auf das Preiswachstum sowohl im Hochbau wie auch im Tiefbau zurückzuführen ist.

Welche Entwicklungen sind für den Anstieg verantwortlich?

Die Preistendenz nach oben zeichnete sich bereits seit Beginn der Corona-Pandemie ab und setzte sich mit dem Konflikt in der Ukraine fort. Durch die hohe Nachfrage nach Baustoffen und Fachpersonal kam es zu langen Lieferzeiten und Annahmestopps der Unternehmen. Belastend für die Baubranche waren zusätzlich Naturkatastrophen und Importbeschränkungen der EU.

In der Folge kam es zu einer steigenden Inflationsrate, die auch Energie, Rohstoffe und Baumaterialien erfasste:

  • Produkte, die bei der Herstellung hohe Energiekosten verursachen, explodierten preislich (z. B. Dachziegel).
  • Einer der Preistreiber innerhalb der Baukosten ist Stahl, der sich in 2021 um 70 % verteuerte. Die Stahlhersteller gehen davon aus, dass sich die Stahlpreise weiter steigern werden.
  • Teuer wurden auch alle erdölbasierenden Produkte, beispielsweise Kunststoffrohre.
  • Die Preise für Baumaterialien wie Sand, Kies, Zement, Beton stiegen zuerst moderat, erwiesen sich dann aber vorwiegend als Preistreiber. Die Preise für mineralische Baustoffe wie Zement stiegen innerhalb eines Jahres (2022 bis 2023) um ca. 40 %.

Besonders betroffen von dieser Entwicklung sind neben den Bauunternehmen und Handwerkern die privaten Bauherren. Bereits in 2021 mussten sie eine Verteuerung um 4 % verkraften. Zwischen dem letzten Quartal 2021 und demselben Zeitraum 2022 betrug die Preissteigerung sogar 8,3 %. Die Ende 2022 eingesetzte Gegenbewegung ist daher für alle Bauherren erleichternd: Seitdem lag die Teuerung nur noch bei etwa 1 %.

Ist eine Erhöhung des Baukredits die Lösung?

Um die gestiegenen Baukosten zu finanzieren, bleibt oft nur die Aufstockung des Baukredits. Was sich unkompliziert anhört, hat Folgen: Denn auch den zusätzlichen Betrag müssen Sie absichern. Reicht der Wert des Beleihungsobjektes nicht aus, sind Zusatzsicherheiten erforderlich. Dafür kommt beispielsweise die Verpfändung eines Wertpapierdepots, eine Bürgschaft oder die Abtretung Ihrer Lebensversicherung infrage.

Zudem erhöht sich mit der Aufstockung die Gesamtzinslast, auch wenn höhere Kredite häufig mit einem günstigeren Zinssatz angeboten werden. Wer keine zinsfreie Bereitstellungszeit vereinbart hat, muss mit hohen Bereitstellungszinsen rechnen, solange der Kredit nicht abgerufen wird.

Mit einer höheren Kreditsumme wird es ausserdem schwieriger, die Tragbarkeit sicherzustellen. Entscheidend ist dafür das Verhältnis der Finanzierungskosten zu Ihrem Einkommen (= Tragbarkeit). Wie die Tragbarkeitsprüfung abläuft und worauf Sie achten müssen, erfahren Sie in unserem Ratgeberartikel: «Kaufen oder mieten—was lohnt sich mehr?».

5 Tipps, wie Sie sich gegen steigende Baupreise absichern

1. Bau verschieben oder ein Objekt kaufen

Aktuell sind die Baukosten unattraktiv, Lieferfristen lange und Fachkräfte rar. Vor diesem Hintergrund braucht die Entspannung im Bausektor Zeit, ist jedoch absehbar. Eine kurzfristige Alternative kann der Kauf einer Immobilie sein, zumal sich der Markt für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen etwas beruhigt hat. Voraussetzung für die Kaufentscheidung ist, dass in naher Zukunft keine umfangreichen Renovationen erforderlich sind. Prüfen Sie zudem, ob das Grundstück altlastenfrei ist.

2. Günstiger bauen

Wer nicht abwarten will oder kann, hat die Möglichkeit, die Baukosten anzupassen. Das betrifft primär den Innenausbau, kann aber auch auf die Bauweise oder die Aussenanlagen ausgeweitet werden. Hier einige Anregungen:

  • Ist ein teurer Keller erforderlich?
  • Müssen es drei Dachgauben oder Lukarne sein?
  • Kann ein günstiger Farbanstrich die geplante Designertapete und ein Teppich das hochwertige Parkett ersetzen?
  • Genügt statt der Garage ein günstiger Carport?
  • Reicht die Anlage des Gartens zu einem späteren Zeitpunkt aus?
  • Können in der Küche günstige Küchenschränke und Geräte eingebaut werden?
  • Und im Bad? Diese Kosten lassen sich beispielsweise durch den Verzicht auf eine Badewanne und einen halbhohen Fliesenspiegel senken.

Tipp: Denken Sie auch an gezielte Eigenleistungen, wenn Sie Ihre Baukosten eindämmen wollen.

3. Eigenleistungen gekonnt einsetzen

Sie sind handwerklich erfahren oder haben helfende Hände in der Familie oder im Bekanntenkreis? Dann können Sie beispielsweise mit energiesparenden Eigenleistungen viel Geld und Zeit sparen. Muten Sie sich und Ihrer Familie allerdings nicht zu viel zu. Wer wochen- oder monatelang zusätzlich zu seiner beruflichen Belastung auf einer Baustelle arbeitet, überfordert sich bald. Zudem muss die Eigenleistung fachmännisch durchgeführt werden, wenn die Arbeiten als Eigenkapitalersatz anerkannt werden sollen.

4. Leistungsbeschreibung prüfen

Ein deutliches Plus bei den Gesamtkosten für eine Immobilie ist in vielen Fällen nicht nur auf ungünstige Rahmenbedingungen zurückzuführen. Häufig basiert das Problem auf einer lückenhaften Leistungsbeschreibung. Damit Sie später nicht von ungeplanten Zusatzkosten überrascht werden, hat die Prüfung der Leistungsbeschreibung oberste Priorität. Dafür empfiehlt sich die Unterstützung eines Architekten. Fehlen Leistungen oder können Sie diese nicht ausreichend identifizieren, fragen Sie nach.

5. Eigenkapital oder Hypothek erhöhen

Für den Bau einer Liegenschaft sollten Sie immer finanzielle und zeitliche Reserven einplanen. Mit einer Reserve in Höhe von ca. 15 % der Baukosten sind Sie in der aktuellen Lage auf der sicheren Seite.

Wem die Zeit für das Ansparen von mehr Eigenmitteln fehlt, muss seine Fremdmittel aufstocken. Für die Erhöhung des Kredits sind die einwandfreie Bonität und ein ausreichendes Einkommen erforderlich. Achten Sie zudem immer auf einen möglichst grossen Zeitraum ohne Bereitstellungszinsen. Denn Ihre Baufinanzierung kostet Sie auch Geld, wenn Sie die Mittel nicht abrufen.

Prüfen Sie alternativ, ob sich in Ihrer Familie die Möglichkeit für ein Verwandtendarlehen bietet. Wird dabei eine Rückzahlungsrate vereinbart, fliesst diese allerdings in die Tragbarkeitsberechnung der Bank ein.

Wie entwickeln sich die Baukosten in Zukunft?

Während die Jahre 2021 und 2022 in der Schweiz für erhebliche Preissteigerungen bei Rohstoffen, Stahl, Kunststoffen und Energie sorgten, normalisieren sich einige Preise seit Mitte 2022 sukzessive (z. B. Holz). Darüber hinaus werden Baumaterialien aus günstigeren Produktionsländern importiert, was allerdings zu hohen Transportkosten führt.

Mit schwierigen Rahmenbedingungen und deren Folgen sollten Sie auch in den kommenden Jahren rechnen. Nach der aktuellen Tendenz entwickeln sich Baukosten differenziert, was eine belastbare Prognose erschwert. Dennoch scheint der preisliche Zenit vieler Baumaterialien seit Januar 2023 überschritten worden zu sein, gut sichtbar an den stetig fallenden Preisen bei Bauholz. Wenig erfreulich zeigt sich dagegen die stabile Aufwärtstendenz bei Stahl und mineralischen Baustoffen.

Es lohnt sich mehr denn je, von vornherein die Baukosten einer Wunschimmobilie durch Eigenleistungen und Abstriche bei der Planung zu senken. Auch die Unterstützung eines Bausachverständigen macht sich bezahlt, trotz der Beratungskosten.

Haben wir Ihr Interesse geweckt?