Erbvorbezug — das sollten Sie zur Ausgleichspflicht wissen

Was bedeutet Erbvorbezug? Eine Definition

Erblasser entscheiden sich oft, einem Erben bereits zu Lebzeiten einen Teil des Erbes auszuzahlen oder zu übertragen. Dabei kann es sich um Geld, Immobilien, Schmuck, weitere Vermögensteile oder Schulderlass handeln. Diese unentgeltliche Zuwendung (Erbvorbezug) beinhaltet eine Ausgleichspflicht. Es ist eine besondere Form der Schenkung und wird steuerlich als solche behandelt.

Was sollten Sie beim Erbvorbezug beachten?

Ein Erbvorbezug ist als Vorschuss auf das Erbe zu betrachten. Der Begünstigte muss das vorbezogene Vermögen nach dem Tod des Erblassers ausgleichen (Art. 626 ZGB). Damit soll die gleichberechtigte Behandlung aller Erben sichergestellt und Streitigkeiten in der Familie verhindert werden.

Diese Ausgleichspflicht gilt jedoch nur für gesetzliche Erben uneingeschränkt. Ist der Empfänger eine Person, die nicht zu den gesetzlichen Erben gehört, gilt die Zuwendung als Schenkung. Auszugleichen sind nur solche Schenkungen, die Pflichtteile der gesetzlichen Erben verletzen und innerhalb der letzten 5 Jahre erfolgten.

Wichtig: Grundsätzlich sind Erblasser berechtigt, Erbvorbezüge und Schenkungen nach eigenem Ermessen zu gewähren. Familienangehörige haben keinen Anspruch darauf, bereits vor dem Erbfall begünstigt zu werden.

Ist die Ausgleichspflicht vermeidbar?

Erblasser können begünstigte Personen im Testament von der Ausgleichspflicht entbinden. In diesem Fall entfällt die Anrechnung des vorgezogenen Vermögens im Erbfall. Davon unberührt bleiben die gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtteile. Pflichtteilsberechtigt sind Nachkommen sowie Ehepartner und eingetragene Lebenspartner (Art. 470 ZGB).

Der Erblasser ist nur berechtigt, den sogenannten verfügbaren Teil seines Vermögens frei zu verteilen. Reicht das Vermögen nach seinem Tod nicht mehr aus, können betroffene Erben ihren Pflichtteil beim Begünstigten des Erbvorbezugs einklagen.

Mögliche Alternative: Erhält der Erbe statt des Erbvorbezugs ein Darlehen vom Erblasser, bleibt das Geld in dessen Vermögen. Damit entfällt für den Begünstigten eine Ausgleichspflicht. Als Darlehensnehmer hat dieser die Möglichkeit, die Schuld und die darauf entfallenden Zinsen vom steuerbaren Einkommen abzuziehen.

Welche Vor- und Nachteile hat ein Erbvorbezug?

Erblasser mindern mit einem Erbvorbezug ihr Vermögen und damit die darauf entfallende Steuerlast. Durch die Zuwendung können Kinder oder Enkel bereits zu Lebzeiten beim Erwerb einer Immobilie oder bei der Entschuldung unterstützt werden.

Erblasser sollten allerdings Vorsorge treffen, bevor sie den Erbvorbezug vornehmen. Andernfalls kann ihre Grosszügigkeit die eigene finanzielle Freiheit gefährden, wenn dadurch beispielsweise der Anspruch auf Ergänzungsleistungen entfällt. Zudem besteht das Risiko, durch vermeintliche Ungleichbehandlung familiäre Streitigkeiten zu provozieren.

Kinder oder Enkel haben die Chance, sich mit dem erhaltenen Vermögen langgehegte Wünsche zu erfüllen. Zugleich können sie ihre Steuerlast im Erbfall reduzieren. Der Erbvorbezug unterliegt zwar der Schenkungssteuer. Erbt der Empfänger aber im Erbfall weiteres Vermögen, reicht dafür häufig der Erbschaftssteuerfreibetrag aus.

Nachteilig ist für Begünstigte allerdings die Ausgleichspflicht. Insbesondere wenn der Erbvorbezug aus einer Immobilie besteht, sollten die Empfänger sich frühzeitig über die Folgen informieren.

Nachteile für Immobilienerben

Der Begünstigte eines Erbvorbezugs muss sich das erhaltene Vermögen im Erbfall anrechnen lassen. Das bedeutet, er bekommt bei Erbteilung entsprechend weniger ausgezahlt. Zusätzlich wird bei Immobilien ggf. ein Wertzuwachs angerechnet.

Massgeblich ist bei Übertragung einer Immobilie nicht der Wert zum Zeitpunkt der Grundbuchänderung, sondern der Erbteilung. Ist der Wert des Objekts gestiegen, hat der Erbe den Wertzuwachs auszugleichen (Art. 617 ZGB). Übersteigt der ermittelte Ausgleichswert den Erbanteil des Begünstigten, muss dieser die übrigen Erben auszahlen.

Wichtig: Stirbt der Begünstigte, bevor der Ausgleich erfolgt ist, geht die Ausgleichspflicht auf dessen Erben über. Das gilt auch, wenn diese aus dem Erbvorbezug des Verstorbenen keinen Nutzen ziehen.

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