Schweizerisches Werkvertragsrecht — was gilt als Werk und wer haftet bei Mängeln?

Was ist ein Werkvertrag? Eine Definition

Wenn Auftragnehmer (Unternehmer) und Auftraggeber (Besteller) miteinander einen Werkvertrag abschliessen, ist dies ein Geschäft auf Gegenseitigkeit. Der Unternehmer verpflichtet sich, ein Werk herzustellen bzw. eine Sache zu bearbeiten, zu veredeln oder zu reparieren. Das betrifft beispielsweise die Sanierung eines Gebäudes oder das Erstellen eines Gutachtens. Im Gegenzug bezahlt der Auftraggeber ihn für die vertragsgemässe Leistung (Werkslohn). Erweist sich das Arbeitsergebnis als mängelbehaftet, kann der Besteller unter Umständen Gewährleistungs- oder Schadensersatzansprüche geltend machen und vom Vertrag zurücktreten.

Was versteht man unter dem Werkvertragsrecht in der Schweiz?

Der Werkvertrag wird im Obligationenrecht ab § 363 ff geregelt. Dieser gilt als eingehalten, wenn das Arbeitsergebnis den vereinbarten Bedingungen entspricht. Dabei erlaubt das Gesetz den Vertragsparteien die weitgehend freie Ausgestaltung.

Pflichten des Auftragnehmers

Nimmt ein Unternehmer einen Auftrag an, ist dieser verpflichtet, das vereinbarte Arbeitsergebnis entweder persönlich zu erbringen oder Subunternehmen zu beauftragen. Zur Erfüllung des Werkvertrags kommt es nicht auf die geleisteten Stunden an, sondern auf den «Erfolg» der Arbeit. Der Unternehmer handelt unternehmerisch selbstständig und stellt die nötigen Werkzeuge oder Hilfsmittel auf eigene Kosten.

Pflichten des Auftraggebers

Ohne wesentliche Mängel hat der Auftraggeber die Pflicht, das Werk abzunehmen und zu bezahlen (Art. 372 OR).

  • Haben die Vertragsparteien einen Festpreis vereinbart, gilt:
    • Der Auftraggeber muss keinen Aufpreis bezahlen, wenn der tatsächliche Aufwand die Kalkulation übersteigt.
    • Verursacht das Werk einen geringeren Aufwand, ist der vereinbarte Preis ohne Abzug fällig.
  • Alternativ dazu können Besteller und Unternehmer die Vergütung nach Aufwand oder dem Wert der Arbeit vereinbaren.

Das Werk und seine Abnahme

Im Werkvertrag wird der Arbeitserfolg, den beide Seiten erwarten, möglichst genau beschrieben. Nach der Beendigung der Arbeiten erfolgt die ausdrückliche oder stillschweigende Abnahme durch den Auftraggeber.

Stillschweigend ist die Abnahme der Arbeitsleistung, wenn keine Prüfung erfolgt oder der Besteller sich nicht dazu äussert. Damit wird der Unternehmer von seiner Haftung entbunden. Das gilt allerdings nicht, wenn später Mängel festgestellt werden, die der Unternehmer absichtlich verschwiegen hat oder die für den Besteller nicht erkennbar waren.

Tipp: Es empfiehlt sich, die Abnahme der Leistung zu protokollieren.

Was passiert bei Verletzung der Pflichten eines Werkvertrags?

Das Gesetz kennt unterschiedliche Ursachen, die Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche oder den Rücktritt vom Vertrag rechtfertigen. Im Streitfall haben Auftraggeber und Auftragnehmer jederzeit das Recht, das Arbeitsergebnis auf eigene Kosten durch Sachverständige prüfen zu lassen.

Verzögerung

Ist offensichtlich, dass der Unternehmer nicht rechtzeitig fertig wird, kann der Besteller bei einer erheblichen Verzögerung ohne eigenes Verschulden vom Vertrag zurücktreten.

Wird das Werk vor fristgerechter Abnahme vernichtet oder kann es aus anderen Gründen nicht mehr übergeben werden, haftet der Auftragnehmer. In diesem Fall stehen ihm weder Vergütung noch Auslagenersatz zu.

Budgetüberschreitung

Dem Unternehmer steht für die Erstellung des Arbeitsergebnisses ein Budget zur Verfügung. Überschreitet er dieses ohne Zutun des Auftraggebers unverhältnismässig, kann der Besteller vom Vertrag zurücktreten oder die Vergütung anpassen. Ist das Werk noch nicht fertiggestellt, darf der Auftraggeber die Fortführung untersagen (Art. 375 OR).

Mängelanzeige

  • Stellt der Auftraggeber bereits während der Arbeiten eine mangelhafte oder anderweitig vertragswidrige Leistung fest, kann er die Nachbesserung verlangen. Die Frist dafür muss angemessen sein.
  • Verbessert der Unternehmer sein Werk nicht oder führt er es nicht fort, darf der Auftraggeber die Arbeiten einem Dritten übertragen. Kosten und Haftung dafür trägt der ursprünglich beauftragte Unternehmer. (366 OR).
  • Ein Rücktrittsrecht besteht, wenn dem Auftraggeber das mangelhafte Werk nicht zuzumuten ist. Dann darf der Besteller die Vergütung kürzen und Schadenersatz fordern. Eine solche Vertragsstrafe können die Beteiligten bereits bei Vertragsabschluss vereinbaren. Dieser Anspruch entfällt, wenn der Besteller die Mängel nachweislich selbst zu verantworten hat (369 OR).
  • Stellt der Auftraggeber erst später Mängel fest, ist er zur sofortigen Anzeige verpflichtet (370 OR). Andernfalls gilt der Mangel als genehmigt.

Wichtig: Die Verjährungsfrist für Mängelrechte bei beweglichen Werken beträgt zwei Jahre ab Abnahmedatum. Wurde ein bewegliches Werk in ein unbewegliches integriert, verlängert sich die Frist auf 5 Jahre. Diese Frist gilt auch für alle unbeweglichen Werke (Art. 371 OR). Unverjährbar sind Mängel aufgrund arglistiger Täuschung (Art. 210 OR).

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