Nachverdichtung vermeidet unnötige Baugebiete

Was bedeutet „Nachverdichtung“? Eine Definition

Bevölkerungswachstum und zunehmende Zersiedelung machen auch in der Schweiz kreative Ideen in der Baupolitik notwendig. Um Wohnraum zu schaffen, entstehen auf Flachdächern die beliebten Attikawohnungen und in bestehenden Wohngebieten Neubauten. Bei der sogenannten «Nachverdichtung» oder «Siedlungsentwicklung nach innen» werden Baulücken, Hinterhöfe oder sonstige Restflächen bebaut. Grösstenteils handelt es sich um frei liegende Flächen, die aufgrund ihres ungünstigen Zuschnitts, der Grösse oder wegen der Eigentumsverhältnisse bisher nicht bebaut worden sind. Die Gemeinden engagieren sich aktiv für eine Hinterlandbebauung, indem grosse Grundstücke geteilt und mit Immobilien in zweiter Reihe bebaut werden.

Vorteile einer Nachverdichtung

Eine verantwortungsbewusst geplante Nachverdichtung bietet gleichermassen Mehrwert für Gemeinden und Bewohner:

  • Wer in verdichtete Gemeinden zügelt, umgeht typische Neubaugebiete. Die bewohnten Quartiere haben sich oft über Jahrzehnte entwickelt und die Gärten sind eingewachsen.
  • Neue Bewohner können sofort eine komplette Infrastruktur mit ÖV und kurzen Wegen nutzen. Einkaufsmöglichkeiten, Schulen, Kindergärten, Ärzte, soziale und kulturelle Angebote stehen bereit.
  • Auch preislich können sich nachverdichtete Quartiere bezahlt machen. Verwinkelte, schmale oder schattige Flächen sind meist günstiger als Top-Grundstücke. Das gilt in einigen Fällen auch für die Neubauten.
  • Aufgrund der Nachverdichtung werden neue Baugebiete ausserhalb der Gemeindegrenzen obsolet. Statt auf Zersiedlung setzen die Kommunen auf ökologische Siedlungsentwicklung nach innen, wodurch quasi nebenbei aktiv Klimaschutz betrieben wird.

Herausforderungen und Risiken der Nachverdichtung

Theoretisch kommt maximal 1/5 der bereits bebauten Fläche in der Schweiz für Verdichtungsmöglichkeiten infrage. Oft entsteht aus der Teilung eines grossen Grundstücks eine kleine und ungünstig geschnittene Baulücke. Wenn sich diese zudem in einem wenig erschlossenen Gebiet befindet, ist eine Nachverdichtung kaum realisierbar. Umso stärker liegt der Fokus auf Strategien zur effizienteren Nutzung vorhandener Gebäude.

Die Bebauung freier Baulücken und geteilter Grundstücke kann ohnehin anspruchsvoll sein. Neubauten sollen zeitgemäss sein und mit den Gebäuden in der Nachbarschaft harmonieren. Oft sind die Grundstücke schmal und dunkel. Deshalb entstehen überwiegend schlanke Gebäude, in denen sich die Räume über mehrere Stockwerke erstrecken. Statt Garten und Balkon findet sich die Erholungszone häufig auf dem Dach wieder.

Trotz ungünstiger Lagen muss die architektonische Gestaltung für ausreichend Belichtung und den vorgeschriebenen Abstand zu den Nachbarn sorgen. Um die nötige Privatsphäre sicherzustellen, werden daher Fenster zu den Nachbargebäuden hin nur sparsam eingesetzt. Mit reduzierten Details und einer modernen Anmutung fügt sich ein neues Objekt leichter in die bestehende Gebäudelandschaft ein.

Mögliche Hindernisse

Mit dem Ziel der Erhöhung der nutzbaren Geschossfläche auf bereits bestehenden bzw. bebauten Grundstücken dürfen die Kommunen den Mehrwert nicht ausser Acht lassen. Bisherige und neue Bewohner können sich durch die Nachverdichtung eingeschränkt fühlen. Deshalb müssen sich die Gemeinden auf mögliche Probleme hinsichtlich der Akzeptanz vorbereiten:

  • Bewohner befürchten Veränderungen in der Atmosphäre eines Quartiers.
  • Hochhäuser und mehrstöckige Gebäude werden eher negativ wahrgenommen.
  • Mögliche Einsprachen verzögern die Fertigstellung der Projekte.
  • Eigentumsbestimmungen können blockierend wirken: In Stockwerkeigentümergemeinschaften ist die Zustimmung der Mehrheit erforderlich.
  • Bau- und Nutzungsvorschriften erschweren ggf. eine Nachverdichtung.

Beispiel: Schlieren

Eine erfolgreich umgesetzte Siedlungsverdichtung zeigt das Projekt «Giardino» in Schlieren im Kanton Zürich. Statt eines zusätzlichen Gebäudes oder eines Anbaus wurde mithilfe eines Ersatzneubaus eine deutliche Vergrösserung der Gesamtwohnfläche von 15’500 m² auf 21’000 m² erzielt. Zugleich verringerte sich die Anzahl der Wohnungen von 176 auf 171 bei gleichzeitigem Zuwachs der Einzelwohnfläche um ca. 30 Prozent.

Das Ergebnis passt optimal in eine attraktive und familienfreundliche Gartensiedlung mit guter Infrastruktur.

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