Genossenschaftsanteile — renditeorientierte Geldanlage oder Risikoinvestment?
Was versteht man unter einer Genossenschaft?
Eine Genossenschaft ist eine demokratische Rechtsform, die auch als Kooperative oder Kooperation bezeichnet wird. Es handelt sich um einen freiwilligen Zusammenschluss mehrerer Personen oder Handelsgesellschaften mit einem gemeinsamen Ziel (§§ 828 bis 926 OR). Darunter fallen u. a. wirtschaftliche, soziale und kulturelle Belange. Beliebte Zusammenschlüsse sind Wohnbaugenossenschaften, genossenschaftliche Banken oder Agrarkooperationen.
Der Fokus einer Genossenschaft liegt primär auf der Gemeinschaft und der Transparenz. Es gilt das sogenannte «Prinzip der offenen Tür», d. h. der Eintritt oder Austritt von Mitgliedern ist jederzeit möglich. Nach dem Kauf von Genossenschaftsanteilen hat jedes Mitglied ein Stimmrecht (Kopfstimmprinzip).
Wichtig: Es ist kein fixes Grundkapital erforderlich. Das vereinfacht zwar die Gründung der Genossenschaft, erschwert ihr allerdings den Zugang zum Kapitalmarkt.
Grundprinzipien einer Genossenschaft
Da die Mitglieder gleichzeitig Entscheidungsträger und Eigentümer wie auch genossenschaftliche Partner sind, gilt das sogenannte «Identitätsprinzip». Wer sich für den Kauf von Genossenschaftsanteilen interessiert, sollte daher die Grundprinzipien des Zusammenschlusses kennen:
- Selbsthilfe: Der Fokus einer Genossenschaft liegt auf dem Selbsthilfeprinzip. Die Mitglieder sollen durch den Zusammenschluss in wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Hinsicht gefördert werden.
- Selbstverwaltung: Die Mitglieder sind Entscheidungsträger und managen die Angelegenheiten der Genossenschaft über ihre Organe selbst. Vorgeschriebene Organe sind die Generalversammlung, eine Verwaltung mit mindestens drei Mitgliedern und eine Kontrollstelle.
- Selbstverantwortung: Genossenschaftliche Aktivitäten bestimmen alle Mitglieder unabhängig von ihren gezeichneten Anteilen mit. Sie haften jedoch auch gemeinsam für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft.
Was sind Genossenschaftsanteile und wie funktionieren diese?
Wenn Sie Mitglied einer Genossenschaft werden wollen, müssen Sie Kapital einbringen und Genossenschaftsanteile zeichnen. Es ist selbstverständlich, dass diese Voraussetzung für alle Mitglieder gilt. Die Genossenschaft bestimmt dabei die Höhe der Mindestanteile und den Preis.
Ein Beispiel: Das Ziel einer Wohnungsbaugenossenschaft ist es, sicheren und günstigen Wohnraum für die Mitglieder zu schaffen. Mit Ihrer Investition erwerben Sie nicht wie üblich Stockwerkeigentum, sondern einen Anteil am Gesamteigentum. Sie werden gleichzeitig Mieter einer Wohnung und Teilhaber des genossenschaftlichen Vermögens. Die Anzahl der notwendigen Anteile richtet sich nach der Grösse der gewünschten Wohnfläche:
- Vorteile:
- Sie haben eine hohe Wohnsicherheit, da die Genossenschaft Ihnen als Mitglied die Wohnung in der Regel nicht kündigen kann. Hinterfragen Sie vorab jedoch, wie viele Mitglieder auf die vorhandenen Genossenschaftswohnungen kommen.
- Die Anteile bleiben auf unbestimmte Zeit in Ihrem Besitz und Sie haben ein Stimmrecht.
- Sie zahlen für eine Genossenschaftswohnung eine vergleichsweise niedrige Kostenmiete.
- Nachteile:
- Sie entscheiden nicht alleine, in welche genossenschaftliche Wohnung Sie einziehen können. Diese Entscheidung trifft die Gemeinschaft bzw. der Vorstand der Genossenschaft mit Ihnen.
- Wenn Sie den Zusammenschluss verlassen möchten, müssen Sie sich auf eine lange Kündigungsfrist einstellen. Bis Ihnen der Gegenwert der Genossenschaftsanteile und ggf. der Dividenden gutgeschrieben wird, dauert es je nach Statuten oft Monate oder Jahre.
- In einigen Genossenschaften müssen Interessenten zusätzlich ein Eintrittsgeld zahlen, das beim Ausscheiden nicht erstattet wird.
Sind Genossenschaftsanteile als Geldanlage sinnvoll?
Die Genossenschaftsanteile werden mit durchschnittlich 1,5 bis 5,0 % p. a. verzinst und bei Austritt zurückgegeben. In einigen Genossenschaften wird die Verzinsung jedoch gedeckelt und die Differenz reinvestiert. Eine Garantie für Zinszahlungen gibt es nicht.
Sofern Gewinne erzielt werden, haben die Mitglieder Anspruch auf jährliche Dividenden. Die Ausschüttung erfolgt meist erst, nachdem die Genossenschaftsanteile gekündigt wurden. Beim Verlassen der Genossenschaft wird Ihnen der Kaufpreis für Ihre Anteile in voller Höhe erstattet.
Tipp: Sofern erforderlich, kann der Gegenwert der Anteile und Dividenden mit Ansprüchen der Genossenschaft gegen ein Mitglied verrechnet werden.
Mitglieder tragen das volle Geschäftsrisiko
Als Mitglied einer Wohnungsbaugenossenschaft profitieren Sie oft von einem lebenslangen Dauerwohnrecht und legen Ihr Geld nachhaltig an. Genossenschaften, die sich noch im Wachstum befinden, können allerdings Verluste generieren. Da die geleisteten Kapitaleinlagen das Genossenschaftskapital bilden, kann es bei Insolvenz zum Totalverlust oder sogar zur Nachschusspflicht für die Mitglieder kommen.
Wichtig: Prüfen Sie vor Erwerb der Genossenschaftsanteile die aktuellen Statuten, die finanzielle Situation der Genossenschaft sowie Ihre Rechte und Pflichten. Erfragen Sie, wie viele Anteile Sie zeichnen müssen und wie hoch die Kostenmiete ausfällt. Klären Sie auch, ob das Kapital der Wohnungsbaugenossenschaft ausschliesslich in Mitgliederwohnungen investiert wird.